Immer mehr Geschäftsführer und leitende Angestellte nutzen heute die Möglichkeiten des remote working. Es ist ja auch sehr angenehm, einen Teil des Jahres in einem Land zu verbringen, in dem andere nur Urlaub machen. Vielfach unterschätzt wird dabei aber das Thema Begründung einer Betriebsstätte im Aufenthaltsland, zum Beispiel in Spanien.

Worin besteht das Problem?

Durch grenzüberschreitende Leitungstätigkeiten können sich ungewollte steuerliche Konsequenzen ergeben. Genannt seien insoweit die Stichworte „Ort der Geschäftsleitung“, „Geschäftsleitungsbetriebsstätte“, und „Vertreterbetriebsstätte“.

Folge einer Betriebsstättenbegründung kann die Verlagerung der unbeschränkten Steuerpflicht einer Gesellschaft sein, aber auch die Gewinnbesteuerung mit Ertragssteuern, Registrierung- und Deklarationspflichten, und nicht zuletzt erheblicher Verwaltungsaufwand durch die Notwendigkeit einer Aufteilung des Gewinns.

Am Beispiel des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien soll dies kurz verdeutlicht werden.

I. Ort der Geschäftsleitung

Zunächst bestimmt sich der Ort der Geschäftsleitung nach nationalen Rechtsvorschriften, im Falle der Bundesrepublik Deutschland nach § 10 Abgabenordnung (AO), den ihn als Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung definiert. Dabei ist eine feste Geschäftseinrichtung nicht erforderlich. Bei Vorliegen einer solchen ist aber keine Verfügungsmacht erforderlich.

Dabei ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung dort, wo sich die wichtigste Stelle der Geschäftsführung befindet, dort, wo die Entscheidungen des Tagesgeschäfts getroffen werden. Gibt es eine technische und eine kaufmännische Leitung, so ist Letztere entscheidend.

Beispiele:

  • Wo werden Geschäftsberichte und Steuererklärungen gezeichnet?
  • Wo befindet sich das Rechnungswesen der Gesellschaft?
  • Wo werden Besprechungen der Geschäftsleitung abgehalten?

Es wird an diesen Beispielen schnell erkennbar, dass bei einem längeren Aufenthalt des kaufmännischen Leiters oder Geschäftsführers im Ausland die Annahme eines Ortes der Geschäftsleitung am Ort des Aufenthalts durchaus in Betracht gezogen werden muss.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die geschäftliche Oberleitung nicht zwingend eine gesetzliche Vertretungsbefugnis voraussetzt. Ausreichend ist unter Umstände auch bereits eine faktische Geschäftsführung.

Der Begriff „Ort der Leitung“ im Sinne des Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a) DBA Deutschland Spanien ist weiter gefasst, als in den nationalen Rechtsvorschriften. Ort der Leitung im abkommensrechtlichen Sinn ist jeder Ort, an dem auch nur Teile des Unternehmens geleitet werden und die Entscheidungen für das Unternehmen von Bedeutung sind. In diesem Sinn können also mehrere Orte der Leitung vorliegen, zum Beispiel bei kaufmännischer und technischer Leitung.

II. Geschäftsleitungsbetriebsstätte

Im nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland ist die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in § 12 AO normiert.  Hier ist von einer Stätte der Geschäftsleitung die Rede. Im Unterschied zum Ort der Geschäftsleitung kann es mehrere Stätten der Geschäftsleitung geben.

Eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte liegt also in der Regel dort, wo die laufenden Entscheidungen des Tagesgeschäfts getroffen werden. Dabei ist eine feste Geschäftseinrichtung nicht erforderlich.

 

III. Vertreterbetriebsstätte

Der Begriff der Vertreterbetriebsstätte korreliert im nationalen Recht der Bundesrepublik mit § 13 AO, der den Begriff des „Ständigen Vertreters“ definiert.

Artikel 5 Absatz 5 DBA Deutschland Spanien stellt indessen darauf ab, ob eine Person im Vertragsstaat die Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und diese Vollmacht auch gewöhnlich ausübt.

Seltene, nur gelegentliche Vertragsschlüsse dürfte also nicht genügen. Andererseits wird vielfach auch die faktische Abschlussvollmacht als ausreichend angesehen. Dies kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn Verträge zwar formell durch die Geschäftsleitung an einem anderen Ort unterzeichnet werden, die Verträge jedoch von dem Vertreter verhandelt und in der Regel unverändert unterzeichnet werden.

 

IV. Zusammenfassung

Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die Tätigkeit von Geschäftsleitern und anderen leitenden Abbestellen mit Abschlussbefugnis aus dem Ausland, zum Beispiel bei einem Aufenthalt in Spanien, das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte des Unternehmens in Spanien begründet.

Eine solche Betriebsstätte hat einerseits die Verpflichtung zur Folge, das Unternehmen in Spanien steuerlichen anzumelden. Unter Umständen kann sich sogar eine unbeschränkte Steuerpflicht des Unternehmens in Spanien, zumindest aber die Pflicht, die auf die Betriebsstätte entfallenden Gewinne des Unternehmens zu ermitteln und in Spanien der Besteuerung zu unterwerfen, ergeben.

In entsprechenden Fällen sollte also stets eine konkrete Analyse und gegebenenfalls eine gezielte Gestaltung vorgenommen werden, um ungewollte Folgen möglichst zu vermeiden. Durch Strukturierung der Geschäftsabläufe lässt sich Vieles derart regeln, dass die Annahme einer Betriebsstätte vermieden werden kann.

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Rechtsanwalt Gerald Freund berät Sie gerne zu Themen rund um Doppelbesteuerung und grenzüberschreitenden Aktivitäten.

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