In den letzten Jahren hat sich, auch beschleunigt durch die Corona-Pandemie und die damit zeitweilig einhergehende „Verbannung“ von Arbeitnehmern ins Home-Office, ein Trend zur Remote-Arbeit entwickelt,. Dieser erfasst inzwischen alle Arbeitsbereiche, bei denen nicht zwingend die Präsenz an einem bestimmten Arbeitsplatz erforderlich ist. Damit ist eine sehr große Anzahl von Arbeitnehmern in der Lage, von nahezu überall auf der Welt ihre Arbeit zu verrichten, solange nur vernünftiges Internet in der Nähe ist. Doch was gilt es dabei insbesondere auch steuerlich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beachten?

Home-Office in Spanien

Für Arbeitnehmer und Selbständige ist es in vielen Bereichen technisch ohne Weiteres möglich, ihre Tätigkeit zum Beispiel aus Spanien auszuüben. Die Infrastruktur, insbesondere schnelle Internetverbindungen, sind in Spanien auch und gerade in den klassischen Touristenregionen kein Problem mehr. Allein die rechtlichen Rahmenbedingungen haben mit der technischen Entwicklung nicht immer Schritt gehalten. Viele der komplexen europäischen Rechtsvorschriften wurden geschaffen, als noch niemand an remote working dachte. Dies merkt man leider.

Was gilt also für Arbeitnehmer?

I. Welches Arbeitsrecht gilt?

Solange sie als Arbeitnehmer weniger als 183 Tage im Jahr in Spanien für einen deutschen Arbeitgeber arbeiten, gilt in der Regel weiterin deutsches Arbeitsrecht. Die Bezahlung erfolgt aus Deutschland, und auch die Hierarchien und Weisungsbefugnisse bleiben in Kraft. Ebenso geltend weiterin die deutschen Arbeitsschutzbestimmungen, wie zum Beispiel vorgeschriebene Ruhepausen, Höchstarbeitszeiten etc..

Arbeiten Sie hingegen 183 Tage oder länger von Spanien aus, so ist die Rom-I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)) zu beachten. Nach dessen Artikel 8 und insbesondere nach Artikel 8 Absatz 2 richtet sich das anzuwendende Arbeitsrecht danach, wo der Arbeitnehmer gewöhnlich und nicht nur vorübergehend seine Tätigkeit ausübt. In einem solchen Fall wird sich das anzuwendende Arbeitsrecht (aber auch das Sozial- und Steuerrecht) nach spanischem Recht beurteilen.

II. Vertragliche Regelungen

Auch wenn remote working beziehungsweise Arbeit im Homeoffice mit dem Arbeitgeber bereits vereinbart oder vielleicht von diesem sogar angeordnet ist, ist damit nicht automatisch auch eine Tätigkeit im Ausland zulässig. Diese muss in jedem Fall mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden. Je nachdem, welche Regelungen zum Arbeitsort sich im Arbeitsvertrag finden, muss dieser geändert werden. So oder so sollten Sie eine schriftliche Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber schließen, damit es später keine Missverständnisse Nachweisprobleme geben kann.

Natürlich können und sollten dabei möglichst auch weitere Fragen geregelt werden, wie zum Beispiel die konkrete Arbeitszeit, Zeiten, zu denen sie als Arbeitnehmer für Vorgesetzte, Kollegen und Kunden erreichbar sein müssen, usw..

III. Was ist bei der Sozialversicherung zu beachten?

Auch bei der Sozialversicherung ist sorgsam zu prüfen, in welchem Land die ausgeübte Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist. Nach der einschlägigen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004, hier Artikel 11, unterliegt die Sozialversicherung – übrigens für Arbeitnehmer und Selbständige gleichermaßen – grundsätzlich den spanischen Rechtsvorschriften. Arbeitnehmer wären damit also in Spanien sozialversicherungspflichtig.

Etwas anderes gilt nach Artikel 12 VO (EG) Nr. 883/2004 jedoch für den Fall der Entsendung, wenn Sie also auf Anordnung Ihres Arbeitgebers ihre Tätigkeit vorübergehend in Spanien arbeiten. Diese darf bei ununterbrochen maximal 24 Monate dauern. Soll die Tätigkeit regelmäßig wiederkehrend, aber eben nicht ununterbrochen erfolgen, so kann der Entsendezeitraum 5 Jahre betragen. Es müssen allerdings mindestens 25% der Tätigkeit in Deutschland ausgeführt werden.

Wollen Sie auf eigenen Wunsch in Spanien arbeiten, liegt eigentlich keine Entsendung im Sinne des Artikel 12 vor, jedoch kann durch die immer erforderliche Entsendebescheinigung „A1“ eine Entsendung im Sinne des Artikel 12 „simuliert“ werden.

Grundsätzlich sollte diese Entsendebescheinigung A1 im Voraus beantragt werden. Dies ist sehr zu empfehlen, denn auch wenn in Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, drohen doch teilweise empfindliche Bußgelder, wenn diese Bescheinigung im Ausland nicht vorgewiesen werden kann.

Für Arbeitnehmer erfolgt die Beantragung der Entsendebescheinigung A1 durch den Arbeitgeber zwingend elektronisch über das System sv.net oder beim Arbeitgeber eingesetzte Entgeltabrechnungssysteme.

IV. Und was gilt im Steuerrecht?

Sind Sie als Arbeitnehmer in Deutschland steuerlich ansässig, haben also dort Ihren Lebensmittelpunkt, was bei einer Dauer der Tätigkeit in Spanien von weniger als 183 Tagen im Jahr in der Regel der Fall sein wird, so wird Ihr Einkommen nach Artikel 14 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland Spanien vollständig in Deutschland versteuert.

Aber Achtung: Auch bei einem Aufenthalt von weniger als 183 Tagen im Jahr kann nach nationalem spanischem Recht eine steuerliche Ansässigkeit in Spanien begründet sein. Gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b) IRPF (Ley 35/2006, de 28 de noviembre, del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas y de modificación parcial de las leyes de los Impuestos sobre Sociedades, sobre la Renta de no Residentes y sobre el Patrimonio) wird gesetzlich vermuetet, dass derjenige seinen Lebensmittelpunkt in Spanien hat, dessen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte mit gemeinsamen minderjährigen Kindern in Spanien lebt. Auch wenn hier der Gegenbeweis grundsätzlich möglich ist, wird dieser regelmäßig schwer zu führen sein.

V. Was sollten Arbeitgeber beachten?

Als Arbeitgeber sollten Sie sehr genau auf die Einhaltung der vorstehend beschriebenen Regeln achten, denn Sie tragen vollständig das Risiko, dass das Home-Office Ihres Mitarbeiters in Spanien von den spanischen Behörden auch als Entsendung anerkannt wird. Anderenfalls wird es sehr kompliziert.

Ist der entsandte Mitarbeiter eine Führungskraft, vielleicht gar ein Geschäftsführer oder Prokurist, so besteht die Gefahr, dass durch dessen Tätigkeit in Spanien dort gemäß Artikel 5 Absatz 5 des Doppelbesteuerungsabkommens eine Betriebsstätte des Unternehmens begründet wird und dort womöglich Ertragssteuern zu zahlen sind.

Dies ist ein sehr komplexes Thema und Sie sollten unbedingt eine gute steuerliche Beratung hierzu im Vorfeld einholen.

Selbständige – Besonderheiten bei der Sozialversicherung

Insbesondere im Zusammenhang mit der Sozialversicherung ergeben sich Besonderheiten für Selbständige, denn in Spanien gilt hier wie für Arbeitnehmer eine gesetzliche Sozialversicherungspflicht. Vor Aufnahme einer Tätigkeit in Spanien sollten Sie daher in Deutschland die Entsendebescheinigung A1 beantragen. Sofern Sie privat krankenversichert sind, ist hier für die Deutsche Rentenversicherung zuständig.

Dabei gilt, dass Sie ähnliche Tätigkeiten wie in Spanien auch in Deutschland in nennenswertem Umfang ausüben müssen. Außerdem darf die Tätigkeit in Spanien maximal 24 Monate dauern. Vorstellbar sind hier zum Beispiel zeitlich beschränkte Projekte.

Auch steuerlich gibt es einige Fallstricke. Erwähnt sei hier das Stichwort Entstrickung. Die Behandlung dieser Themen würde jedoch den Umfang dieses Artikels sprengen. Gerne stehen wir Ihnen aber für eine ausführliche Beratung zur Verfügung,

Nachstehend finden Sie die im Artikel erwähnten Gesetze,
Verordnungen und Abkommen zum Download:

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