Viele Personen mit höheren Einkommen aus Erwerbstätigkeit würden gerne weniger Steuern bezahlen oder auch einfach nur im sonnigen Süden Europas leben, können oder wollen aber ihre steuerliche Ansässigkeit in Deutschland nicht beenden, zum Beispiel wegen der restriktiven Regeln des Einkommensteuer- und des Außensteuergesetzes – Stichworte „Entstrickung“ und „Wegzugsbesteuerung“.

Gibt es eine Möglichkeit, dies auf legalem Weg zu realisieren?

Ja, die gibt es: Spanien hat mit Wirkung ab 1. Januar 2023 gesetzliche Rahmenbedingungen des Artikel 93 IRPF (spanisches Einkommensteuergesetz) erheblich verbessert, die allgemein unter dem Begriff „Ley Beckham“ bekannt sind.

1. Das Ergebnis zuerst

Weil es so schön ist, soll das Ergebnis zuerst genannt werden.

Es ist bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich, mit seiner Familie nach Spanien zu ziehen, dort ganzjährig zu leben, und auf seine laufenden Einkünfte aus einer Tätigkeit als Arbeitnehmer, als Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft, oder – unter bestimmten Voraussetzungen – als Selbständiger pauschal 24% (bis zu einem Jahresbetrag von 600.000 Euro, darüber 47%) Einkommensteuer zu bezahlen.

Andere Einkünfte als Arbeitseinkommen, die außerhalb Spaniens erzielt werden, sind in Spanien nicht zu versteuern. Spanische Kapitalerträge werden mit 19% bis 28% besteuert.

Leider ist die Anwendung des Artikel 93 IRPF auf das erste Jahr des Umzugs nach Spanien und die folgenden fünf Jahre begrenzt.

2. Welche Voraussetzungen gibt es?

Damit Sie in den Genuss der Vergünstigungen des Artikel 93 IRPF kommen können, müssen einige wenige Bedingungen erfüllt sein:

  1. Sie dürfen in den letzten fünf Jahren vor dem Jahr des Umzugs nach Spanien nicht in Spanien steuerlich ansässig gewesen sein. Die Nationalität spielt keine Rolle. Es können also auch Spanier, die in den letzten Jahren im Ausland gelebt haben, von der Regelung des Artikel 93 IRPF profitieren.
  2. Der Umzug nach Spanien erfolgt
        A) als Arbeitnehmer
             a) eines spanischen Unternehmens;
             b) aufgrund Entsendung durch einen ausländischen Arbeitgeber;
             c) eines ausländischen Arbeitgebers mit ausschließlicher Online-Tätigkeit;
        B) als Geschäftsführer („Administrator“) einer spanischen Kapitalgesellschaft;
        C) als selbständig Tätiger („autónomo“)
             a) mit innovativer Aktivität, die für Spanien von speziellem Interesse ist;
             b)  als hochqualifizierter Fachmann für spanische Start-Up’s.
  3. Die Anmeldung muss innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Umzug erfolgen.

3. Gibt es in Spanien nicht eine Vermögenssteuer?

Ja, in Spanien gibt es eine Vermögenssteuer und seit dem Jahr 2022 zusätzlich eine Steuer auf so genannte große Vermögen (die „normale“ Vermögensteuer wird auf diese Steuer angerechnet).

In einigen Regionen, zum Beispiel Andalusien oder Madrid (Mallorca plant dies), ist die „normale“ Vermögensteuer durch gesetzliche Regelungen außer Kraft gesetzt, so dass im Ergebnis nur Vermögen über 3.700.000 Euro besteuert wird.

Personen, die unter der Anwendung des Artikel 93 IRPF in Spanien leben, werden aber „nur“ hinsichtlich ins Spanien befindlicher Vermögenswerte besteuert. Vermögenswerte außerhalb Spanien bleiben außer Ansatz. Das Modelo 720 (Meldung von Auslandsvermögen) muss nicht eingereicht werden.

 

4. Was passiert bei Schenkungen oder Erbschaften?

Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt: Die Sonderregelungen des Artikel 93 IRPF geltend nicht für die Schenkung- oder Erbschaftsteuer. Erhalten Sie also eine Schenkung oder erben Sie, so sind diese Vermögenserwerbe (auch) in Spanien zu versteuern.

Ob und in welcher Höhe dies zu einer Besteuerung führt, hängt dann auch davon ab, wo Sie in Spanien leben. So gibt es Regionen mit sehr hohen Freibeträgen und Ermäßigungen im Rahmen der Erbschaftsteuer für nahe Angehörige, insbesondere Ehegatten und Kinder. So beträgt zum Beispiel der Freibetrag für Kinder in Andalusien eine Million Euro. Auch Mallorca plant nach der Kommunalwahl Ende Mai 2023 nun Ähnliches.

Sind Schenkungen oder Erbschaften zu erwarten, sollte dennoch sehr gründlich geprüft werden, welche Folgen sich durch den Aufenthalt in Spanien ergeben würde.

 

5. Kann die Familie ebenfalls umziehen und von Artikel 93 IRPF profitieren?

Ja, das ist möglich. Mit den Änderungen zum 1. Januar 2023 wurde es ermöglicht, dass auch der Ehegatte und die Kinder (bis zum 25. Lebensjahr) des Berechtigten von den Regelungen des Artikel 93 IRPF profitieren können.

Dazu müssen folgende Voraussetzungen sämtlich erfüllt sein:

 

  1. Die Familie muss gleichzeitig mit dem Berechtigten oder zu einem späteren Zeitpunkt (aber innerhalb des ersten Jahres mit Inanspruchnahme der Sonderregelung) nach Spanien ziehen.
  2. Die Familie muss ihren steuerlichen Sitz nach Spanien verlegen.
  3. Die Familie darf ebenfalls die letzten 5 Jahre vor dem Umzug nach Spanien nicht dort ansässig gewesen sein.
  4. Die Familie darf ebenfalls keine Einkünfte erzielen, die als durch eine im spanischen Gebiet gelegene Betriebsstätte erzielt eingestuft würden.
  5. Das zu versteuernde Einkommen der Familie (Ehepartner + Kinder) muss geringer sein als das des Antragstellers, dem die Regelung des Artikel 93 IRPF genehmigt wurde.

6. Zusammenfassung

Die Neuregelungen des Artikel 93 IRPF sind eine sehr interessante Möglichkeit, für einen Zeitraum von bis zu annähernd sechs Jahren in Spanien zu leben, und von dem pauschalen Steuersatz von 24% auf Erwerbseinkommen zu profitieren.

Im Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland lohnt sich ein Umzug steuerlich bereits ab einem Einkommen von circa 60.000 Euro im Jahr.

Durch das aufgrund zwischen Spanien und Deutschland bestehende Doppelbesteuerungsabkommen kommt es deutscher Sicht nicht zu einem Entzug des Besteuerungssubtrats, so dass keine Entstrickung mit entsprechender Besteuerung entsteht und auch kein Wegzug im Sinne des Außensteuergesetzes vorliegt.

WICHTIG: Das Thema kann im Detail sehr komplex sein. Es wird daher dringend geraten, sich bei einem kompetenten Steuerberater, der sich mit beiden Ländern auskennt, eingehend beraten zu lassen.

Sie haben Fragen in diesem Zusammenhang?

Rechtsanwalt Gerald Freund berät Sie gerne zu Themen rund um Doppelbesteuerung und grenzüberschreitenden Aktivitäten.

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